25 JAHRE BIO GEMÜSEHOF HÖRZ – EINE CHRONIK

Teil 1: Anlässlich unseres 25jährigen Jubiläums im Jahr 2020 möchten wir Sie ein wenig in die Vergangenheit entführen, zurück zu den Anfängen des gemeinsamen Schaffens von Beate und Jörg Hörz. Obwohl der Anfang ja eigentlich viel weiter zurückliegt….

In früheren Zeiten war es üblich, dass große Teile der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig waren. Man hat sich in der Regel aus dem Garten und einem Kartoffelacker selbst versorgt – und auch eine Kuh im Stall war in ländlichen Gegenden eher Normalität als Ausnahme. So sind denn auch die Vorfahren von Beate und Jörg Hörz seit Generationen in der Landwirtschaft tätig gewesen, zumal die Fildern ein klassischer landwirtschaftlicher Standort sind.

Teil 2: Auch in Beates Familie hat Opa Friedrich Grauer wie damals üblich eine kleine Landwirtschaft betrieben. Jörgs Urgroßvater Adam Hörz (geb. 1880) pflügte das Feld mit seinem Pferd. Jörgs Vater Wilhelm Hörz hat zunächst einen klassischen Gemischtbetrieb mit Hühnern, Kühen, Schweinen und Gemüse geführt und vor allem Kraut und Getreide angebaut. Aber auch die Direktvermarktung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse hat schon immer eine große Rolle gespielt. Neben Getreideanbau und Viehhaltung wurde ein kleines Grundsortiment an Gemüse, Bohnen, Kartoffeln, Kräuter und Salat angebaut. Jörg erinnert sich noch daran, wie er als Kind beim Heumachen für die Kühe geholfen und mit seinem Vater Gemüse im Straßenverkauf ausgefahren hat – damals gab es noch keinen Wochenmarkt in Bonlanden.

Teil 3: Vor 45 Jahren hat Jörgs Mutter Anna-Lore angefangen, die land­wirtschaftlichen Produkte auf den Wochenmärkten in Bonlanden und Waldenbuch zu verkaufen. Zusätzlich gab es in den 80er-Jahren dann einen Scheunenverkauf zu Hause auf dem Hof, später in der Oberdorfstraße 4 mit einem Verkaufsstand – als Miete für die somit genutzte Hofeinfahrt wurde damals 1 Gurke und 1 Salat pro Woche vereinbart. J So wurden die Wurzeln für einen Teil der heutigen Vertriebswege unseres Gemüsehofes bereits vor langer Zeit gelegt. Auf diesen Grundlagen durften wir aufbauen.

Teil 4: Jörg hat zunächst eine Lehre als Werkzeugmacher absolviert, aber immer in der Landwirtschaft seines Vaters mitgeholfen und dabei auch seine Liebe zu dieser Tätigkeit entdeckt. Nach der Lehre hat er ein Studium als Agraringenieur an der FH Nürtingen absolviert. Anschließend hat er eine Stelle in der Saatgut-Branche angetreten, hier war er hauptsächlich im Winter als Saatgut- und Jungpflanzen-Verkäufer und Anbauberater tätig. Im Sommer gab es in der elterlichen Landwirtschaft viel zu tun. Aufgrund seiner Beratertätigkeit hat Jörg sehr viele verschiedene Höfe und Betriebe gesehen und die Erfahrungen der Landwirte geteilt und miterlebt. Er hat viele verschiedene Gemüsekulturen und -sorten kennengelernt und dieses Wissen kommt ihm heute im eigenen Betrieb sehr zugute.

Teil 5: Aus diesen Erfahrungen rührt auch Jörgs Experimentierfreude: Bei uns am Hof werden immer wieder neue Sorten angebaut und ausprobiert: Was wächst auf unserem Boden am besten und kommt mit den gegebenen Umweltbedingungen gut zurecht? Dabei geht es auch um Kriterien wie Geschmack, Wuchseigenschaften und natürlich immer um biologischen Anbau. Immer wieder mal werden auch gänzlich neue Kulturen ausprobiert, die bei uns nicht heimisch sind. So kam im letzten Jahr erstmals Ingwer in ein Folienhaus, vor einigen Jahren haben wir einen Versuch mit Süßkartoffeln gemacht, aktuell planen wir den Anbau von Kurkuma. Nicht alles ist praktikabel, manches muss verändert oder auch wieder aufgegeben werden. Jörg Hörz ist Anbauer mit Leib und Seele, in der landwirtschaftlichen Arbeit sieht er eine tiefe Zufriedenheit und Sinnhaftigkeit, die in unserer modernen Welt oft in Vergessenheit gerät und doch eine wichtige Grundlage unseres Lebens darstellt.

Teil 6: Als Jörg und Beate ein Paar geworden sind, hat Beate am Hof und auf dem Markt mitgeholfen, um alles kennenzulernen. Danach war klar, dass sie in den Betrieb mit einsteigt und so hat sie ihren Beruf als Ergotherapeutin beendet. Im Jahr 1989 wurde der Hof - damals noch im Ortskern von Bonlanden - offiziell von Wilhelm und Anna-Lore an Jörg und Beate übergeben. Es ist ein großes Geschenk für beide Seiten gewesen: Für die ältere Generation, dass das Lebenswerk in der Familie weitergeführt wird. Für die jüngere Generation, weil neben dem Hof auch viel Wissen und Liebe zur Arbeit weitergegeben wurden. Der „Farmer“ von Fendt, den Wilhelm Hörz damals gekauft hat, wird noch heute eingesetzt.

Als Jörg und Beate verheiratet waren und Gedanken an eine Familie aufkamen, wurden die Überlegungen zum biologischen Anbau immer intensiver. Was hinterlassen wir der nächsten Generation, wenn wir so weitermachen wie bisher? Was vor 1950 im Anbau selbstverständlich war, weil es keine Agrochemie gab, hatte nun den Titel „Bio“ bekommen und war eine Besonderheit geworden. Um den Hof verantwortlich zu betreiben und die Schöpfung zu bewahren war klar, dass zukünftig nur Bio-Anbau in Frage kommt.

Teil 7: Jörg und Beate haben Kontakt zum Bioland-Verband aufgenommen und sich informiert, wie die Umstellung funktioniert. Im Bio-Anbau dürfen weder synthetische oder chemische Dünger, noch Pestizide oder Herbizide verwendet werden. Daher gibt es bei einer Umstellung eine Wartezeit von 2 Jahren, in der die Anbauflächen sich regenerieren können, um den hohen Anforderungen des Bioland-Verbandes zu genügen. Das Gemüse wird in dieser Zeit noch nicht als biologisch anerkannt und wird als U-Ware (Ware aus Umstellungsbetrieb) gekennzeichnet. Im Jahr 1995 wurde der Entschluss endgültig getroffen, dem Bioland-Verband beizutreten und ab sofort nur noch Bio-Gemüse anzubauen.

Teil 8: Die Entscheidung für den biologischen Anbau hat sich bereits einige Jahre später als richtig erwiesen. Ein großer Teil der Marktkundschaft konnte von der neuen Bio-Qualität überzeugt werden. Der Absatz von landwirt­schaftlichen Bio-Produkten entwickelte sich erfolgreich, und der Standort im Ortskern wurde zu klein. Die Anlieferung und Abholung mit LKW und auch das Fahren mit landwirtschaftlichen Geräten, Maschinen und Traktoren waren im Wohngebiet der Oberdorfstraße nicht mehr sinnvoll, dort war es einfach zu eng. Also suchten Jörg und Beate nach Erweiterungs- und Entwicklungsmöglichkeiten. 1996 wurde ein Antrag auf den Bau einer Aussiedlung gestellt. Nach einer intensiven Planungs- und Bauzeit wurden 2003 erste Gebäude errichtet und wir konnten im Herbst 2003 den Hof im Bühlerfeld beziehen. Damit wurde der Grundstein gelegt, weiteres Wachstum im Betrieb zu ermöglichen. Auf der alten Hofstelle im Ortskern wohnen bis heute Jörgs Eltern.

Teil 9: Aufgrund der BSE-Krise war das Interesse an und das Bewusstsein für Bio-Produkte so stark gewachsen, dass die Kapazitäten des Hofes im Nebenerwerbsbetrieb an ihre Grenzen gekommen waren. Die erfolgreiche Aussiedlung des Hofes und die dauerhaft hohe Nachfrage nach Bio-Produkten machten eine Zukunft im Vollerwerb realistisch. Im Jahr 2001 kündigte Jörg daher seine Stelle als Anbauberater und Saatgutverkäufer, um sich ausschließlich dem eigenen Betrieb zu widmen.

Teil 10: Der Lieferservice „Die Grüne Kiste“ ist 1995 entstanden. Auf Anfrage eines Bekannten in Beates Heimat Waldenbuch lieferte sie die ersten Kisten mit Bio-Gemüse vom Hof. Bald packte sie mit der Hilfe eines Nachbarskinds die ersten regelmäßigen Bestellungen auf einer Bierbank in der Garage, schrieb Lieferscheine von Hand und lieferte die Kisten selbst mit dem Privat-PKW in Waldenbuch aus. Irgendwann wurde die Garage zu klein und der erste Umzug in den ehemaligen Kuhstall von Wilhelm Hörz stand an. Nach und nach entstand ein erstes kleines Team, das zunächst bis zu 80 Kisten pro Woche packte und ausfuhr.

Teil 11: Auch wenn es heute fast nicht mehr vorstellbar ist: Der Lieferservice hat in seinen Anfängen ohne Computer, E-Mail und Handy oder gar Online-Shop funktioniert. Für den Kundenbrief hat Beates Schwester Rezepte auf der Schreibmaschine geschrieben und per Fax an Beate geschickt. Beate hat dann die Rezepte mit der Schere ausgeschnitten und mit den aktuellen Angeboten eine Vorlage geklebt und diese dann kopiert. Auch den ersten Werbeflyer hat Beate auf ähnliche Weise gestaltet. Heute unvorstellbar. 
Für alle Kund:innen gab es ein eigenes Notizbüchle, in das notiert wurde, was geliefert wurde, um bspw. 14tägige Eierbestellungen zu realisieren. Einmal im Monat hat Beate Lastschriftformulare von Hand ausgefüllt und zur Bank gebracht. Nachdem das irgendwann mehrere Stunden gedauert hat, war klar, dass eine Branchensoftware notwendig war und möglicherweise eine Zukunftsperspektive für den Betrieb besteht.

Teil 12: Anfangs gab es einen Packplatz für Gemüse und einen für Obst, und 3 verschiedene Kisten zum Festpreis. Heute haben wir zwei Packstraßen und über 25 unterschiedliche Sortimente, die jede Woche frisch geplant werden. So begleiten wir unsere Kund:innen mit der Grünen Kiste durch das Gemüsejahr. In den ersten Jahren wurden ausschließlich Obst, Gemüse und Eier verkauft. Mit der Zeit hat sich das Sortiment um Käse und Brot erweitert. Heute haben wir ein Basissortiment an Molkerei- und Trockenprodukten, so dass der Grundbedarf mit der Grünen Kiste gut abgedeckt werden kann.
In den Jahren vor der Jahrtausendwende haben die Mitarbeitenden einen Abwahlwunsch mit dem Taschenrechner vorgenommen, heute können wir in unserer Software Abwahlwünsche hinterlegen und automatisiert bearbeiten. Wir sind dankbar, dass in der Gesellschaft das Interesse an Produkten aus einer lokalen Bio-Landwirtschaft stetig wächst. Auf dieser Grundlage wuchs unser Betrieb beständig und bringt bis heute Aufgaben, Herausforderungen und Entwicklungspotentiale.

Teil 13: Mit der Aussiedlung ins Bühlerfeld war der Grundstein für ein Wachstum unseres Betriebs gelegt und so konnten wir ab diesem Zeitpunkt den Betrieb kontinuierlich entwickeln. Mit der steigenden Nachfrage und höheren Kundenzahlen wurden Lieferfahrzeuge angeschafft, Fahrer:innen und Packer:innen eingestellt. Auch für die Verwaltung und Kundenbetreuung haben wir nach und nach zusätzliche Mitarbeiter:innen benötigt. Durch das stetige Wachstum stellten sich immer neue Aufgaben. Wir pflegen auf unserem Gemüsehof eine positive Mitgestaltungs-Kultur: Mitarbeiter:innen können Ideen einbringen, wie etwas optimiert oder gestaltet werden kann. Eigentlich wird auch immer irgendetwas gebaut. J Der Hofladen, ein Kartoffellager, weitere Kühlzellen. Erst eine 2. Halle, dann 2008 das Sozialgebäude, in dem auch die Büros untergebracht sind. Eine Selbstabholer-Kühlzelle und ein Container, in dem ausschließlich Käse geschnitten wird. Eine 3. Halle, eine PV-Anlage, … Es gibt immer wieder neue Ideen und Projekte. Aktuell planen wir eine Softwareumstellung und die Modernisierung unseres Onlineshops. Immer stehen dabei die Effizienz der verschiedenen Arbeitsprozesse und der Nutzen für die Umwelt im Vordergrund.

Teil 14: Schon immer ist unser Anliegen, eine Transparenz und regelmäßig offene Türen anzubieten. So entstand über die Jahre eine Tradition mit Hoffesten, Hofkonzerten und mehreren kleineren Events und Angeboten für unsere Kund:innen.
Das 1. Hoffest hat 2004 noch auf dem alten Hof im Ortskern stattgefunden. Mittlerweile sind die Hoffeste und der damit verbundene Kunst-handwerkermarkt eine feste Größe in der Filderstädter Kulturlandschaft und locken immer viele Besucher:innen auf unseren Hof. Groß und Klein finden eine Vielfalt an Attraktionen und Informationen rund um den Hof, Spiel und Spaß, gemütliches Beisammensein bei leckerem Bio-Essen, Musik und Unterhaltung. Ein weiteres Highlight sind die Hofkonzerte in Zusammenarbeit mit dem Filum Symphonieorchester und Robert Wieland als Dirigent. Der Hof wird auf Hochglanz gebracht und schön dekoriert, so dass eine ganz besondere Atmosphäre entsteht. Die bezaubernden Abende finden große Resonanz und sind schnell ausverkauft – nicht zuletzt, weil die Gemüsehalle eine bemerkenswerte Akustik hat. Uns ist es wichtig, auch mit kleineren Veranstaltungen wie Hofführungen, Kochkursen, Kräuterkursen, etc. Einblicke in den ökologischen Gemüse-Anbau und unseren Hof zu geben.

Teil 15 - letzter Teil: Der Bio Gemüsehof Hörz umfasst Anbau, Hofladen, Wochenmarkt und Lieferservice und ist inzwischen ein Betrieb mit 60 Mitarbeiter:innen. Hauptsächlich vermarkten wir unsere eigenen Erzeugnisse. Alles was nicht bei uns wächst, kaufen wir bei Bio-Kolleg:innen aus Baden-Württemberg und im Bio-Großhandel. So können Sie sicher sein, dass Sie bei uns zu 100 % Bio einkaufen. Der Gemüsebau auf den Fildern hat eine lange Tradition, die wir als Bioland-Betrieb in großer Vielfalt fortsetzen und leben. Innere und äußere Faktoren fordern immer wieder ein Überdenken der Strukturen und Neuorientierung, wo es nötig ist. So bleibt unser Betrieb bei aller Tradition immer in Bewegung. Das macht unseren Arbeitsalltag spannend und interessant. Teil unserer Motivation, das alles zu machen, ist die tiefe Überzeugung, dass wir einer sinnhaften und nachhaltigen Tätigkeit nachgehen und der nächsten Generation gesundes Land weitergeben. Unsere Vision ist, dass auf der ganzen Welt ökologisch angebaute und gesunde Lebensmittel erzeugt werden. Wir sind sehr dankbar, dass wir hier in Bonlanden unseren Beitrag dazu leisten dürfen. In diesem Sinne danken wir Ihnen als unsere Kund:innen für Ihre Treue. Ohne Sie wäre das alles nicht möglich!